News
Studie: Corona-Maßnahmen haben Heimbewohnern nicht geschützt
Deutlich mehr Tote, Einsamkeit und zusätzliches Leid: Im Pflege-Report 2021 kommen Forscherinnen und Forscher zu einer verheerenden Bilanz der Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen auf pflegebedürftige Menschen in Heimen.

Die Corona-Schutzmaßnahmen haben Heimbewohnerinnen und -bewohner nicht geschützt, sondern ihnen sogar vielfach geschadet. Zu diesem Ergebnis kommt der Pflege-Report 2021, den das Wissenschaftliche Institut der AOK (WIdO) Ende Juni in Berlin veröffentlicht hat. Dem Bericht zufolge stieg die Sterblichkeit von Heimbewohnern in den ersten beiden Corona-Wellen stark an. Die Isolationsmaßnahmen hätten außerdem bei einer Mehrheit der pflegebedürftigen Menschen zu zusätzlichen gesundheitlichen Problemen geführt.
Pauschale Abriegelung war Fehler des Gesetzgebers
„Das ist eine Katastrophe“, bilanzierte die Direktorin des Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft an der Berliner Charité, Adelheid Kuhlmey, bei der Vorstellung des Berichts. Kuhlmey leitet auch das „Covid-Heim“-Forschungsprojekt, aus dem viele der im Pflege-Report 2021 dokumentierten Ergebnisse stammen. Es seien Schutzmaßnahmen ergriffen worden, die Heimbewohner nicht davor bewahrt hätten, sich mit dem Virus zu infizieren oder zu sterben. Es sei außerdem falsch gewesen, die Heime pauschal abzuriegeln. Dafür machte Kuhlmey, die früher als Gesundheits-Sachverständige die Bundesregierung beraten hat und dem Deutschen Ethikrat angehört, den Gesetzgeber verantwortlich: Die Heimleitungen hätten keine Wahl gehabt und den gesetzlichen Regeln folgen müssen.
Deutlich erhöhte Sterblichkeit in Heimen durch Corona
Dem Pflege-Report zufolge sind in den ersten beiden Wellen der Corona-Pandemie deutlich mehr Pflegeheimbewohnerinnen und -bewohner gestorben als sonst. Danach lag die Sterblichkeit in Pflegeheimen drei Wochen nach dem Beginn des ersten Lockdowns Anfang April 2020 um 20 Prozent über dem Mittel der Vorjahre. In den ersten drei Monaten der zweiten Welle von Oktober bis Dezember 2020 starben 30 Prozent mehr Heimbewohner als sonst. Am schlimmsten war es um die Weihnachtstage 2020. Den Forschern zufolge lag die Sterblichkeit in der zweitletzten Woche des vorigen Jahres um 80 Prozent über der vorheriger Jahre.
Isolation wirkt negativ auf die Gesundheit
Der Report enthält auch Ergebnisse einer Angehörigen-Befragung über die Isolationsmaßnahmen in den Heimen. Diese hatte insgesonders der Pflegeschutzbund BIVA immer wieder beklagt. Aus ihr geht hervor, dass die Isolierung für zwei Drittel der Bewohnerinnen und Bewohner negative gesundheitliche Folgen hatte, vor allem in Form psychischer Probleme und nachlassender geistiger Fitness. Mehr als die Hälfte der alten Menschen (56 Prozent) litten auch körperlich unter den Folgen der Bewegungseinschränkung und konnten schlechter gehen, Treppen steigen oder aufstehen. 16 Prozent waren über längere Zeit ganz im eigenen Zimmer eingesperrt, ein Viertel überwiegend.
Bitte melden Sie sich an, um einen Kommentar zu verfassen.
Sie haben noch kein Konto?
Jetzt registrieren