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Pflegereform: Ohne Tariflohn keine Refinanzierung

Die Bundesregierung hat am 2. Juni eine Teilreform der Pflege beschlossen. Schon im Vorfeld hatten Verbände und Gewerkschaften den Gesetzentwurf teilweise heftig kritisiert. Der Streit um eine große Pflegereform wird weitergehen.

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Foto: AdobeStock/James Steidl Die auf den letzten Metern der Legislaturperiode vom Bundeskabinett verabschiedete Teilreform der Pflege hebt die Kritiker auf den Plan. Das Tauziehen wird weitergehen.

Das Kabinett in Berlin beschloss am Mittwoch eine Vorlage von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU), wonach von September 2022 an nur noch solche Einrichtungen mit der Pflegekasse abrechnen können, die Tariflöhne oder Löhne in gleicher Höhe bezahlen.

Der Eigenanteil der Pflegebedürftigen für die reine Pflege soll im ersten Jahr im Heim um 5 Prozent sinken – im zweiten Jahr dann um 25 Prozent, im dritten Jahr um 45 Prozent und ab dem vierten Jahr um 70 Prozent.

Zur Gegenfinanzierung erhält die Pflegeversicherung vom Bund jährlich eine Milliarde Euro. Außerdem soll der Pflegebeitrag für Kinderlose von 3,3 auf 3,4 Prozent des Bruttolohns steigen. „Wer keine Kinder großzieht, hat finanziell weniger Belastung als jemand, der Kinder großzieht“, verteidigte Spahn die Finanzierung.

„Das ist der richtige Weg, um die Entlohnung der Pflegekräfte zu verbessern,“ sagte Caritas-Präsident Peter Neher. Die Regelung weise aber in der jetzigen Fassung noch Schlupflöcher auf. Es müsse grundsätzlich in allen Regionen möglich sein, auch bundesweite Flächentarife anzuwenden.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, die Städte unterstützten höhere Löhne in der Pflege. Er habe aber „Zweifel, dass es gelingt, die Pflegebedürftigen zu entlasten“. Dazu fielen die Zuschüsse an die Heimbewohner zu gering aus. Die Kommunen kommen mit der Sozialhilfe für Pflegebedürftige auf, wenn deren Rente nicht reicht, um den Heimplatz zu bezahlen.

Der Linken geht die Pflegereform in der Altenpflege nicht weit genug. Fraktionsvize Gesine Lötzsch forderte sogar einen festen Betrag von mindestens 500 Euro mehr Grundgehalt für Pflegekräfte.

Selbst Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hat die Pflegereform als nicht weitreichend genug kritisiert. „Die Pflegebedürftigen in Deutschland hätten eine deutlichere Entlastung verdient – es wäre Aufgabe des Bundesfinanzministers gewesen, einen entsprechenden Bundeszuschuss bereitzustellen”, bemängelte Holetschek, der gegenwärtig Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz der Bundesländer ist.

Der Bundestag muss die Gesetzesvorlagen in den beiden verbleibenden Sitzungswochen vor der Bundestagswahl noch beraten und beschließen.